Kraftstoffe für die Mobilität von morgen
24.09.2018.
Die dritte Tagung der Fuels Joint Research Group (FJRG) zum Thema „Kraftstoffe für die Mobilität von morgen“ fand am 20./21. September 2018 im Seminarzentrum der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig statt. Der Präsident der PTB, Prof. Dr. Joachim H. Ullrich, und der Bürgermeister der Alten Hansestadt Lemgo, Dr.-Ing. Reiner Austermann, begrüßten die rund 80
Teilnehmer. Danach wurde in 17 Fachvorträgen ein breites Spektrum der kraftstoffbezogenen Probleme und Lösungsan-sätze behandelt.
Kaum ein Sektor ist derzeit einer solchen Flut an Regelungen unterworfen wie der Transportsektor. Auf europäischer Ebene gibt die Neufassung der Erneuerbare Energien-Richtlinie (REDII) auch für
den Verkehrssektor die Neuausrichtung der förderpolitischen Leitplanken und Zielvorgaben vor. Das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung schreibt eine 40%ige Reduzierung der Treibhausgasemissionen
(THG-Emissionen) bis 2030, verglichen mit dem Stand von 1990, vor. Soll dieses Ziel erreicht werden, dann wird dies mit der Elektromobilität kaum gelingen, da angesichts des deutschen Strom-Mixes
die THG-Emissionen bei dieser kaum geringer ausfallen. Vermutlich – so die Aussage eines Beitrags – wird sich dieses Ziel nur durch eine drastische Verteuerung der Individual-Mobilität erreichen
lassen. Da nach belastbaren Prognosen auch im Jahr 2030 noch bei mehr als 70% der in den Markt kommenden Fahrzeuge der bestimmende Energieträger ein flüssiger oder gasförmiger Kraftstoff sein
wird, gilt der Kraftstoff-Forschung weiterhin hohe Aufmerksamkeit. Die alternative Verwendung klimaneutraler Kraftstoffe, die beispielsweise durch die PtX (Power-to-X; X bezeichnet gas oder
liquid)-Technologie erzeugt werden, bei der regenerative elektrische Energie aus Windkraft oder Photovoltaik über eine Elektrolyse in Kraftstoffe umgewandelt wird, steht erst am Anfang der
Entwicklung.
Auf der Tagung wurde eine Vielzahl solcher Kraftstoffe vorgestellt und diskutiert, wie beispielsweise reFuels, Electrofuels, Octanol-Blends, Oxymethylenether (OME) und Methanol, um nur einige zu
nennen. Bis solche Kraftstoffe in nennenswertem Umfang zur Verfügung stehen, wird vermutlich die Mitte des Jahrhunderts erreicht sein. Eine wesentliche Voraussetzung für die Errichtung von großen
Produktionsanlagen wäre auch eine langfristige Investitionssicherheit. Diese ist jedoch bereits durch die sich ständig ändernde Gesetzgebung hinsichtlich der Biokraftstoffe der ersten Generation
gründlich abhanden gekommen. Auch wären die benötigten Mengen an elektrischer Energie in Deutschland nicht zu erzeugen. Das wäre aber auch nichts wirklich Neues – schließlich importieren wir ja
derzeit auch unsere Mobilitätsenergie in Form von Rohöl. Folglich könnten wir auch regenerativ erzeugte Flüssigenergieträger – z.B. in Form von e-crude – importieren.
Hierzulande waren die Diskussionen zum Verkehr in jüngster Zeit eher durch die
Luftqualität als durch die klimawirksamen Emissionen bestimmt. Dazu wurde in einem vielbeachteten Vortrag der aktuell geltende Stickoxid-Grenzwert von 40 μg/m3 kritisch beleuchtet. Dabei wurde
dargestellt, dass die hohe Korrelation zwischen Partikel- und Stickoxidkonzentration vermutlich zu einer Überschätzung der gesundheitlichen Folgen von Stickoxid-Belastungen geführt hat.
Weitere Vorträge beschäftigten sich mit Kraftstoffeigenschaften und der zu deren Bestimmung erforderlichen Sensortechnik bzw. aufwändigeren neuen Messverfahren. Die Organisatoren zogen
abschließend eine sehr positive Bilanz zum Tagungsverlauf, den präsentierten Inhalten und den ausführlichen Diskussionen.
Die nächste Tagung aus dieser Reihe wird im Jahr 2020 in Dresden stattfinden.
Für Nachwuchswissenschaftler wurde innerhalb der Tagung ein Poster-Wettbewerb mit einer Prämierung veranstaltet, der von der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V.
(FNR) gesponsort wurde. Der erste Preis wurde Johann-Robert Kummer von der PTB verliehen für das Poster mit dem Titel „Characteristics in the ignition of fuel/air compositi-ons“.
Weitere Sponsoren der Tagung waren die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP), die AVL und die Deutsche Gesetzliche
Unfallversicherung; die organisatorische Abwicklung lag in Händen der PTB und des Technologietransferzentrums Automotive der Hochschule Coburg.
Der Tagungsband steht zum kostenlosen Download unter www.fuels-jrg.de zur Verfügung; dort finden Sie auch weitere Informationen über die Gruppe sowie die bisher erschienenen 22
Buchbände aus der Arbeit der Forschergruppe.
Kurzinfo FJRG:
Die Fuels Joint Research Group ist eine aus Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Me-dizinern interdisziplinär zusammengesetzte Forschergruppe auf dem Gebiet der Kraftstoff-Forschung. Die
gemeinsamen Projekte untersuchen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Kraftstoffkomponenten, dem Motor und dem Motorenöl sowie der Abgasnachbehandlung insbesondere mit Blick auf die
resultierenden Emissionen und deren gesundheitliche Auswirkungen.
Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Axel Munack, axel.munack@t-online.de